Andere Welten
by Tausenddorn
„Das Licht zwischen den Wolken“ ist der erste meiner Romane, der nicht in unserer Welt spielt, sondern einem Fantasy-Setting. Eine Frage, die in diesem Kontext gerne gestellt wird, lautet: Was ist der Reiz daran? Wieso tut man das?
Ich weiß dann nie, was ich sagen soll, weil ich mir nie ausgesucht habe, Fantasy zu mögen, genauso wenig, wie ich mir ausgesucht habe, dass mir Fruchteis schmeckt, Nuss aber nicht. Mit sechzehn habe ich — auch dank manch traumatischer Erfahrung im Deutschunterricht — Nichtfantasy (und Nicht-SF) noch strikt abgelehnt. Wahrscheinlich war Peter S. Beagles „Das Volk der Lüfte“ der erste in unserer Welt angesiedelte Roman überhaupt, der mir wirklich etwas bedeutete. Und selbst da bricht im Laufe der Handlung „echte“ Magie ein.
Mit der Zeit gewann ich immer mehr Gefallen an Geschichten, die unsere Wirklichkeit subversiv aus den Angeln heben; sei es mit der kompromisslosen Ablehnung eines H.P. Lovecraft oder der spielerischen Ironie eines James Branch Cabell, Matt Ruff oder Neil Gaiman. Ergebnis meiner eigenen Bemühungen waren Bücher wie „Fairwater“ oder „Die Magier von Montparnasse“. Mit sechzehn hätte ich das wahrscheinlich trotzdem noch als schwer verdaulichen Kompromiss empfunden.
Zum Glück schreibe ich heute nicht mehr so wie mit sechzehn. Aber die Freude an der schieren „Andersartigkeit“ einer eigenen, autarken Welt (was Tolkien als „Zweitschöpfung“ bezeichnete) habe ich nie verloren. Wahrscheinlich, weil mir als Erzähler solche Welten nach wie vor „unverfälschter“ erscheinen: Die Geschichten, die sich in ihnen vollziehen, sind noch größer, die Möglichkeiten, die sich einem bieten, mannigfaltiger als in unserer Welt, die uns, je älter wir werden, immer seltener überrascht. Jener ferne Punkt, an dem sich „die See dem Himmel vermählt“ (wie es bei Lovecraft heißt), scheint näher auf der anderen Seite des Spiegels.
Von daher war das Gefühl, dorthin zurückzukehren, eher schon wie das Gefühl, endlich zu etwas vorzustoßen, um das ich lange, vielleicht zu lange, einen Bogen geschlagen hatte. Und es führte ziemlich schnell zu der Frage, in was für einer Welt genau der neue Roman denn nun spielen sollte — und auf diese Frage gab es nicht zu wenig, sondern eher schon zu viele denkbare Antworten.
Fortsetzung folgt …