Peter S. Beagle

by Tausenddorn

Das Manuskript macht Fortschritte. Ich sitze von morgens bis abends am Schreibtisch, korrigiere, übersetze, aber mein Zeitplan ist hart. Wenig überraschend, ergreife ich gern die Gelegenheit für Pausen — und was für einen besseren Grund dafür gäbe es, als den Autor zu treffen, der mich in meiner Jugend mehr als alle anderen geprägt hat?

Die Rede ist von Peter S. Beagle, am besten bekannt für „Das letzte Einhorn“. Sein eigener Favorit ist „Es kamen drei Damen im Abendrot“ (The Innkeeper’s Song); mir persönlich hat auch „Das Volk der Lüfte“ (The Folk of the Air) immer sehr viel bedeutet. (Eine gute Bibliographie gibt es hier.) Ich habe Peter vor zehn Jahren kennengelernt, als er mich zum PEN-Kongress in Slowenien einlud. Vorausgegangen war eine längere Korrespondenz, die ihren Anfang mit dem „Princess’s Song“ nahm. Ich hatte dieses Lied nach einem Gedicht aus dem „Einhorn“ geschrieben; die Instrumentalversion kann man sich auf meiner Musikseite anhören (die gesungene Version wird bald nachgereicht). 2007 trafen wir uns ein zweites Mal, diesmal in Oakland.

Letzte Woche war Peter in Magdeburg zu Besuch, als Ehrengast der Eurofurence (Bilder davon gibt es hier). Da sein Aufenthalt in Deutschland leider knapp bemessen war, bin ich kurzerhand hingefahren. Dieser Ausflug hat mich nicht nur von einer Reihe von Vorurteilen gegen die Furry-Szene im Allgemeinen kuriert; es war großartig, sich nach so langer Zeit wieder mit ihm unterhalten zu können.

Peter ist einer der großen Erzähler unserer Zeit, und hat die Fantasy des späten zwanzigsten Jahrhunderts bereichert wie kaum ein anderer (ich würde an dieser Stelle nur noch Matt Ruff und Neil Gaiman nennen). Er hat das Vermächtnis von Autoren wie Dunsany, Cabell, White oder Thurber lebendig gehalten, verfügt über einen unnachahmlichen Humor und ist ein Meister der Charakterzeichnung. Seine Figuren sind nie ohne Fehler, aber er behandelt sie nie ohne Respekt. Selbst seine Bösewichte wecken Sympathie. Ich möchte Peter nicht imitieren, aber sein Einfluss ist mir bewusst: Die „Magier von Montparnasse“ verdanken dem Innkeeper’s Song ihre Erzählweise, und Alphonse leiht sich nicht selten Karschs Stimme, wenn er Justine zusammenstaucht.

Peters Lebensgeschichte nimmt sich wie das Who is who der amerikanischen Künstlerszene aus. Seine erste Agentin entdeckte John Steinbeck, schon in jungen Jahren lernte er Leute wie Arthur Miller und Marilyn Monroe kennen. Er belegte Creative Writing in Stanford gemeinsam mit Autoren wie Larry McMurtry (Drehbuch zu „Brokeback Mountain“) und Ken Kesey („Einer flog über das Kuckucksnest“). Mit Christopher Lee und René Auberjonois verbinden ihn langjährige Freundschaften. Mir fällt dabei immer auf, wie uneins die deutsche Kulturlandschaft im Vergleich dazu doch ist; und wie undurchlässig die Genregrenzen hierzulande gleichzeitig scheinen.

In jedem Fall ist Peter einer der wenigen Menschen, die ich kenne, die es geschafft haben, ihr Leben ganz in den Dienst der einen Sache zu stellen, die sie besser können als alles andere, und besser als die meisten von uns. Und dann hat man ihn noch lange nicht singen gehört (PS: Dies ist das Lied von George Brassens, auf dem das Gedicht basiert, das ich für „Die Einhörner“ übersetzt habe. Es lohnt sich, auch nach Peters Filk-Songs Ausschau zu halten).