Das Licht hinter den Wolken

Über Faune

Bevor ich mich in eine sommerliche Blogpause verabschiede, nach der es dann wahrscheinlich auch ein paar Neuigkeiten zu vermelden gibt, veröffentliche ich diese Woche noch eine weitere Leseprobe. Es handelt sich dabei um eine Szene, die ich bereits letztes Jahr auf dem BuCon gelesen habe. Darin erzählt Janner, die männliche Hauptfigur, April aus seinem Leben, und wie er an das Schwert seines Vaters kam. Man lernt dabei die Welt ein wenig kennen … und erfährt ein kleines bisschen über Faune: Zur Leseprobe

Faune — oder Fealva, wie sie sich selbst nennen — sind eines der drei nichtmenschlichen Völker, die ich letzte Woche erwähnt habe (Eolyn und Timei sind die anderen beiden). Sie sind dabei die häufigsten der drei, und lebten früher in weiten Teilen des Imperiums friedlich mit den Menschen zusammen. Wenn es nach ihnen ginge, hätte sich daran nicht auch viel geändert — der Kaiser allerdings war leider anderer Meinung.

Weil Bilder mehr als tausend Worte sagen, habe ich ein paar alte — sehr alte! — Bilder eingescannt, die hier den August über für Kurzweil sorgen werden. Ich weiß, das ist riskant, weil nichts geeigneter ist, die Leser vor den Kopf zu stoßen, als Bilder, die ihrer Fantasie zuwiderlaufen. Aber was soll’s. Ich möchte dennoch betonen:

  • Diese Bilder sind alle beinahe zwanzig Jahre alt, und es gibt einen Grund, weshalb ich heute schreibe und nicht zeichne.
  • Diese Bilder stellen die Faune meiner Rollenspielwelt dar, nicht die den Menschen optisch etwas ähnlicheren Fealva meines Romans.
  • Janner ist nur „zur Hälfte“ Fealv, zur anderen Mensch. Man darf ihn sich von daher weiterhin als beliebig attraktiven Mann mit rötlichbrauner Haut und schwarzem Haar vorstellen!

Ab nächster Woche also: das große Faune-Sommerspecial …

Weltenbau

Weltenbau war in unserem Freundeskreis immer schon ein Hobby. Grund hierfür war natürlich, wie so häufig, Rollenspiel — plus die Tatsache, dass wir nie exzessiv Systeme wie AD&D, DSA oder MERS gespielt haben, sondern selbst kreativ geworden sind. Mein erster regelmäßiger Spielleiter hatte bereits unzählige Karten zu seiner Welt gezeichnet, auf der er mit stoischer Geduld all den Unsinn verteilte, den seine Spieler ihm präsentierten — denn natürlich hatte jeder von uns seine eigenen Ideen für menschliche, „tolkieneske“ oder ganz andere Kulturen (ich war damals ein Elfennarr, die meisten meiner Charaktere waren aber dennoch Menschen).

Meine erste Rollenspielwelt war noch ein eher langweiliger Kontinent mit ein paar hingewürfelten Städten, Wäldern und Gebirgen; nun fing ich noch einmal von vorn an und überlegte mir gleich zu Beginn eine Geographie und was für Reiche und Einflussgebiete es geben sollte. Aus Übermut entschied ich mich für den relativ detaillierten Maßstab von 1 : 4.000.000 (1 cm = 40 km) und begann zu zeichnen. Damit war ich dann erst Mal eine Weile beschäftigt, aber irgendwann hatte ich immerhin die Mitte des Kontinents, den ich das Zweiringeland taufte, kartographiert — auf 42 Einzelkarten DIN A4. Zusammengelegt sah das dann so aus:


Weiter ist das Projekt zwar nie gediehen, aber es reichte für viele Jahre Spiel. Aus Gründen des Pragmatismus gab es auch im Zweiringeland noch die „klassischen“ Völker, in mehrfacher Ausfertigung und für jeden Geschmack über etwa sechzig halbwegs ausgearbeitete Länder verteilt: Zwerge aus 1001 Nacht, Western-Orks, Hoch- und Dunkelelfen, europäische und asiatische Kulturen, Antike und Renaissance. Bald aber waren die Eigenkreationen auf dem Vormarsch: In der letzten großen Kampagne auf dieser Welt war der Einfluss des „Herrn der Ringe“ zumindest in der Gruppe dann völlig verschwunden.

Ich habe lange – sehr lange – überlegt, in was für einer Welt „Das Licht …“ spielen sollte. Ich war hin- und hergerissen zwischen dem Zweiringeland, einem weiteren Rollenspielszenario, das wir ein paar Jahre später entwarfen, und dem Versuch, ganz bei Null zu beginnen. Ich habe mich schließlich für alles und keins davon entschieden, sondern in einem schmerzhaften Prozess aus allen verfügbaren Ideen die Elemente ausgewählt, die mir unverzichtbar erschienen (und nicht direkt der Fantasie Tolkiens oder eines anderen Autors entsprangen), und neu zusammengefügt. Geographisch ist diese Welt dem Zweiringeland noch am nächsten; das historisch-technologische Durcheinander hat sich irgendwo im Bereich des irdischen 16./17. Jahrhundert eingependelt; es gibt drei prominente nichtmenschliche Völker, von denen die meisten Menschen wenigstens einmal gehört haben; und Magie ist deutlich seltener und weniger psychedelisch, als sie einmal war. Eine neue Karte ist in Arbeit, aber noch nicht fertig.

Nächste Woche: Eine neue Leseprobe … und ein paar Worte über Faune.

Andere Welten

„Das Licht zwischen den Wolken“ ist der erste meiner Romane, der nicht in unserer Welt spielt, sondern einem Fantasy-Setting. Eine Frage, die in diesem Kontext gerne gestellt wird, lautet: Was ist der Reiz daran? Wieso tut man das?

Ich weiß dann nie, was ich sagen soll, weil ich mir nie ausgesucht habe, Fantasy zu mögen, genauso wenig, wie ich mir ausgesucht habe, dass mir Fruchteis schmeckt, Nuss aber nicht. Mit sechzehn habe ich — auch dank manch traumatischer Erfahrung im Deutschunterricht — Nichtfantasy (und Nicht-SF) noch strikt abgelehnt. Wahrscheinlich war Peter S. Beagles „Das Volk der Lüfte“ der erste in unserer Welt angesiedelte Roman überhaupt, der mir wirklich etwas bedeutete. Und selbst da bricht im Laufe der Handlung „echte“ Magie ein. Read the rest of this entry »

Material sammeln

Einer der Gründe, weshalb von mir nur alle paar Jahre ein Buch erscheint, statt ein paar Bücher pro Jahr, ist, dass ich meine Texte sehr häufig überarbeite. Ich fange praktisch mit einer Art Skizze an und schraffiere und radiere dann solange daran herum, bis ich zufrieden bin. Das Ergebnis wird im Lektorat dann mit schwarzem (oder eher, rotem) Stift nachgefahren, und dem fertigen Buch sieht man die „Schmierereien“, mit denen es begann, hoffentlich nicht mehr an.

Das ist etwas, was viele Leute, die mit Schreiben nichts am Hut haben, nicht verstehen: Man setzt sich nicht mit einer Idee an einen Tisch und schreibt eine Geschichte, vom Anfang bis zum Schluss. Man setzt sich monatelang immer wieder an diesen Tisch, und bastelt und bastelt und bastelt. Die Manuskripte, die ich abgebe, sind nie Erstfassungen, sondern immer Dritt-, Viert- und Fünftfassungen. An manchen Stellen vielleicht auch Zwölftfassungen. Read the rest of this entry »

Plotten: Das „Licht …“

Im letzten Teil meiner Reihe über das Plotten habe ich die Entstehungsgeschichte meiner bisherigen Romane skizziert. Heute möchte ich mich wieder dem „Licht zwischen den Wolken“ widmen.

Natürlich versucht man in technischen Fragen erst einmal den selben Weg zu gehen, der schon einmal ans Ziel geführt hat — die meisten Autoren sind da nicht viel kreativer als Ameisen, und müssen es auch nicht sein, weil sich diese Entscheidungen vor allem im Hintergrund abspielen und beim Lesen des Buchs nicht gleich ins Auge springen. Read the rest of this entry »

Plotten: Was bisher geschah

Letzte Woche begann ich mit einem allgemeinem Überblick über verschiedene Möglichkeiten, einen Text zu strukturieren. Heute sollen ein paar konkrete Beispiele folgen. Wer meine Romane noch nicht kennt, sei gewarnt, dass insbesondere die verlinkten Szenenpläne natürlich Spoiler enthalten. Read the rest of this entry »

Plotten

Diese Woche beginne ich mit einer Reihe von Beiträgen über jenen sensiblen Bereich beim Schreiben, zu dem es zwar viele Theorien gibt — aber wenige Autoren lassen sich dabei gern in die Karten schauen.

Der Grund dafür — zumindest bei mir — ist, dass die Entstehungszeit eines Romans oft von großen Unsicherheiten begleitet ist. Zwar liebe ich es, mir ganz unverbindlich Gedanken über eine Geschichte zu machen (man könnte das auch einfach als „Tagträumen“ bezeichnen) — aber ab dem Moment, da man konkrete Entscheidungen treffen muss, beginnt die Arbeit. Dass diese Arbeit bis zu einem gewissen Termin erledigt sein muss (schließlich hat man ja einen Vertrag unterschrieben) hilft auch nur bedingt. Read the rest of this entry »

Gastgespräch mit FABIENNE SIEGMUND, Teil 2

Letzte Woche begann an dieser Stelle ein Gespräch mit der Autorin und Herausgeberin Fabienne Siegmund. Heute folgt der zweite Teil.

Fabienne: War das Schreiben denn anders als bei Deinen anderen Titeln?

Oliver: Ja und nein. Ich würde sagen, es war in dem Maße anders, wie die Arbeit an jedem neuen Buch anders ist. Bestimmte Dinge funktionieren besser, manche schlechter, viele einfach anders als früher — auch das möchte ich bald noch ausführlicher dokumentieren.

Wo siehst Du denn die Unterschiede? Schließlich bist Du einer der wenigen Menschen, die ich kenne, die alle meine Romane gelesen haben. Wie fandest Du den “neuen” im Vergleich? Read the rest of this entry »

Gastgespräch mit FABIENNE SIEGMUND, Teil 1

Fabienne SiegmundFabienne Siegmund ist Autorin, Herausgeberin zahlreicher Anthologien und Redakteurin der Zeitschrift „Blätterwelt“. Zuletzt erschienen von ihr „Die Einhörner“ beim Verlag Torsten Low, für die ich ein Gedicht von Peter S. Beagle übersetzen durfte; als nächstes wird sie dort eine Anthologie zum Thema „Tarot“ betreuen. Außerdem ist Fabienne einer von momentan fünf Menschen, die das Manuskript komplett gelesen haben.

Oliver: Hallo Fabienne, freut mich sehr, dass Du Dir die Zeit nimmst, Dich ein wenig mit mir über das „Licht …“ zu unterhalten.

Fabienne: Gerne. Es freut mich, ein wenig über die Hintergründe des Buchs zu erfahren. Wie und wann ist die Idee dazu entstanden? Read the rest of this entry »

Sariks Erwachen

Letzte Woche habe ich an dieser Stelle ein altes, auf Englisch geschriebenes Fragment veröffentlicht, in dem Sarik (der Zauberer im Schnee aus der ersten Szene) in seinem Wald von lange vergangenen Zeiten träumt und sich auf den Weg macht, die Wahrheit über sich herauszufinden.

Mit leichten Änderungen gibt es diese Szene auch heute noch im Roman. Sie ist etwas ernster, vielleicht etwas düsterer geworden; Bolchiak heißt nun Borchiak, Zacharis Zearis und der Avatar der Wesenheiten ist nur noch eine Statue. Die „rothaarige Frau mit den stolzen Zügen“ trägt nun einen Namen, das Irrlicht noch nicht, begleitet Sarik aber auf seinem Weg, statt im Wald zurückzubleiben.

Von allen Hauptpersonen ist Sariks Motivation die schwierigste: Er muss nicht gegen seinen Willen etwas holen oder zurückbringen, er muss nicht fliehen, weil man seinen Onkel und seine Tante ermordet — ihm wird nach langer Zeit des Träumens bloß allmählich klar, dass er keine Ahnung hat, was mit ihm und der Welt eigentlich los ist. Für ihn ist „Das Licht …“ vor allem die Geschichte seiner Suche nach sich selbst.

Hier geht es zur Leseprobe.

Nächste Woche: Im Gespräch mit Fabienne Siegmund.