Gastgespräch mit FABIENNE SIEGMUND, Teil 2
by Tausenddorn
Letzte Woche begann an dieser Stelle ein Gespräch mit der Autorin und Herausgeberin Fabienne Siegmund. Heute folgt der zweite Teil.
Fabienne: War das Schreiben denn anders als bei Deinen anderen Titeln?
Oliver: Ja und nein. Ich würde sagen, es war in dem Maße anders, wie die Arbeit an jedem neuen Buch anders ist. Bestimmte Dinge funktionieren besser, manche schlechter, viele einfach anders als früher — auch das möchte ich bald noch ausführlicher dokumentieren.
Wo siehst Du denn die Unterschiede? Schließlich bist Du einer der wenigen Menschen, die ich kenne, die alle meine Romane gelesen haben. Wie fandest Du den “neuen” im Vergleich?
F: Ich finde es ehrlich schwer, einen Vergleich zu ziehen, weil alle so völlig unterschiedlich sind. “Fairwater” ist und bleibt für mich ein spannendes Labyrinth, in dem ich immer wieder Neues entdecke, bei den “Magiern” bleibt mir deutlich das eher kleine Setting in Erinnerung — bis auf wenige Ausnahmen spielt alles im Hotel Jardin und die komplette Handlung braucht nur einen Tag — auch wenn der sich sieben Mal wiederholt. Ich fand interessant, wie Du mit bekannten Elementen aus Philosophie und Religion gespielt hast und mochte die Charaktere.
Und das “Licht …” hingegen ist wieder etwas völlig anderes. Es ist ein spannendes Abenteuer, die Figuren sind unheimlich sympathisch und ich für meinen Teil wollte unbedingt wissen, was ihnen widerfährt. Der größte Unterschied für mich war aber wohl die Stimmung. Ich hatte immer das Gefühl, das “Licht …” wird von einer gewissen Grundmelancholie begleitet, was ich aber als wunderschön und passend empfunden habe.
O: Ehrlich gesagt hatte ich mir erst ein bisschen Sorgen gemacht, weil das Buch vielleicht nicht ganz so unbeschwert wie die “Magier” ist. Aber diese traurig-schöne Grundstimmung war mir sehr wichtig — von daher freut es mich, dass sie Dir gefallen hat. Besonders das Irrlicht hat es Dir ja glaube ich angetan. Du hast dann sogar eins gebastelt … und hattest offenbar auch schon Erfahrung damit.
F: Ja, Schneeweiß ist mir beim Lesen wirklich direkt ans Herz gewachsen. Ich hatte immer schon ein Faible für kleine Nebencharaktere dieser Art und finde es schön, wenn sie ihre Rollen in Geschichten finden. Sie hellen (und in Schneeweiß’ Fall ja sogar wörtlich) die Geschichten auf und sind oftmals wichtiger, als man meint …
Aber nun spiele ich die Frage mal zurück: Was sind für Dich die größten Unterschiede?
O: Ich sehe das schon ähnlich wie Du: “Fairwater” war als Rätsel angelegt, die “Magier” als Kammerspiel. Meines Erachtens war der “Kristallpalast” — auch dank meiner Co-Autoren — der bestgeplottetste Roman (falls dieses Wort existiert), den ich bisher geschrieben habe, und vielleicht der erste, der überhaupt eine richtige Handlung besaß … Deshalb habe ich versucht, mich an der Struktur des “Kristallpalasts” zu orientieren. Das hat zwar nur bedingt funktioniert, eine Handlung gibt es zum Glück aber trotzdem, und die ist — wieder mal — sehr viel komplizierter geworden als gedacht.
Der Hauptunterschied war denke ich wirklich, dass ich zum ersten Mal eine eigene Welt für die Geschichte zur Verfügung hatte, und ein umfangreiches Ensemble an Figuren, die nicht nur unterschiedliche Ziele verfolgen, sondern auch ganz verschiedenen Kulturen und Lebenswelten entstammen. Zum ersten Mal konnte ich die Welt an die Figuren anpassen, statt umgekehrt, und beliebig viel an Hintergrund und Nebengeschichten einfließen lassen.
F: Kannst Du Dir vorstellen, eines Tages in diese Welt zurückzukehren? Oder ist die Geschichte schon komplett erzählt?
O: Ich kann mir das sogar sehr gut vorstellen. Die Geschichte ist zwar komplett erzählt, aber die Welt gibt noch eine Menge anderer Geschichten her. Ich denke, ich hätte noch genug Epochen, Länder und Figuren für zwei weitere Bücher zusammen — am liebsten eines, das in der Vorzeit, und eines, das lange nach den beschriebenen Geschehnissen spielt. Es kann aber auch gut sein, dass ich das erst noch auf die lange Bank schiebe und als nächstes wieder etwas völlig Neues versuche — denn es gibt noch ein anderes sehr altes Projekt, das ungeduldig auf seine Verwirklichung drängt.
F: So wie ich Dich kenne, wirst Du über dieses Projekt noch nicht viel verraten wollen — mich würde aber interessieren, ob Du Dich in einem Dir bereits bekannten Genre bewegen wirst — oder, wie eben beim “Licht …” abermals etwas Neues ausprobieren wirst.
O: Allzu viel will ich darüber wirklich noch nicht verraten … aber wenn man mich so lässt, wie ich es mir wünsche, werde ich mit meinen nächsten Büchern noch einmal völliges Neuland betreten. In einer idealen Welt würde ich mich zum Beispiel gerne etwas mehr der Science-Fiction annähern, und es gäbe auch einen historischen Stoff, der mich reizen würde. Vorher kommt auf jeden Fall noch eine Sammlung meiner Kurzgeschichten — mit Fantasy, Science Fiction und allem, was mich sonst noch reizt.
Jetzt warten wir aber erst mal auf 2013.