Plotten: Das „Licht …“

by Tausenddorn

Im letzten Teil meiner Reihe über das Plotten habe ich die Entstehungsgeschichte meiner bisherigen Romane skizziert. Heute möchte ich mich wieder dem „Licht zwischen den Wolken“ widmen.

Natürlich versucht man in technischen Fragen erst einmal den selben Weg zu gehen, der schon einmal ans Ziel geführt hat — die meisten Autoren sind da nicht viel kreativer als Ameisen, und müssen es auch nicht sein, weil sich diese Entscheidungen vor allem im Hintergrund abspielen und beim Lesen des Buchs nicht gleich ins Auge springen.

Wenig überraschend, sieht meine erste Skizze zum Aufbau des Romans der zum „Kristallpalast“ daher relativ ähnlich: Drei Handlungsstränge und zwei Plot Points, in denen sich die Stränge überkreuzen (ich veröffentliche das im Vertrauen, dass sowieso niemand meine Schrift lesen kann. Je mehr Mühe man sich aber gibt, sie zu entziffern, desto größer natürlich das Risiko, sich zu spoilern … you have been warned).

Auf Anregung von Daniela Knor habe ich das Ganze dann auf ein Whiteboard übertragen. Viel gebracht hat das zwar nicht, da ich an den wesentlichen Bausteinen der Geschichte fast nichts mehr geändert habe — es war aber gut, es immer im Blick zu haben. Passend dazu habe ich mir in Rom noch diesen hübschen Magneten gekauft.

Die Probleme traten dann beim Versuch auf, den eigentlichen Szenenplan zu erstellen: Was wird wann und in welcher Reihenfolge erzählt. Mein ganzer schöner „Plan“ war bislang eigentlich noch immer nur die Fabula, bloß in tabellarischer Form; also das was. Ich hätte mich aber noch nicht für ein wie, eine Form der Präsentation, entscheiden. Und hier hat die etwas mechanische Eleganz des „Kristallpalasts“ leider auf kompletter Linie versagt: Was bei einem Buch gut ist, funktioniert eben doch nicht bei allen.

Es fing damit an, dass meine Charaktere sehr unterschiedlich waren, was ihr Alter, ihren kulturellen Hintergrund und ihr Wissen über die Welt und deren Geschichte anging. April zum Beispiel ist zu Beginn der eigentlichen Handlung gerade mal siebzehn und verlässt zum ersten Mal in ihrem Leben ihr Dorf; Sarik dagegen hat schon ganze Jahrhunderte verschlafen. Der dritte Handlungsstrang führt dann noch weitere Figuren am anderen Ende der Welt sowie eine dritte Zeitebene ein.

Dies machte schon mal Rückblenden in sehr unterschiedlichem Ausmaß und zu verschiedenen Zeitpunkten nötig. Ich musste versuchen, den Leser nicht zu lange hinzuhalten und aus den notwendigen Schnitten und Hin- und Herblenden Spannung zu erzeugen, dabei die einzelnen Episoden aber auch nicht zu sehr zu zerreißen.

Darüber hinaus stellte ich bald fest, dass das „Licht …“ zu einem guten Teil auch eine Geschichte über das Geschichtenerzählen ist; jeder der Charaktere hat etwas dazu beizusteuern, und so ist der Roman nun von zahlreichen Geschichten-in-der-Geschichte durchzogen.

Im Endeffekt, nachdem ich verschiedene Alternativen ausprobiert hatte, bin ich dann doch wieder bei einer 7-Kapitel-Struktur herausgekommen. Für die Abergläubischen unter uns sicher nicht die schlechteste Zahl … auch wenn ich es dieses Mal wirklich nicht vorhatte. Vielleicht habe ich also zuviel gewollt und bin dabei an meine Grenzen gestoßen; vielleicht aber, und das hoffe ich natürlich, habe ich es auch geschafft, das Beste aus meinen vorigen drei Büchern zu vereinen.

Nächste Woche: Ein paar Bemerkungen zu meiner Arbeitsweise.